image Foto: Peter Weidemann

Silke Bründermann leitet die Notfallseelsorge Frankfurt.

Im Einsatz für die Menschen in Frankfurt

Seit 25 Jahren leistet die Notfallseelsorge Erste Hilfe für die Seele – auch bei der Fußball EM

Silke Bründermann wirft einen kurzen Blick aus dem Fenster. Unten, am Rand der Konstablerwache, hat ein Feuerwehrfahrzeug mit Blaulicht gestoppt. Ein Mann mit Helm ist gerade dabei, einen grauen Kasten zu öffnen. „C-Dienst“ sagt Bründermann, „wahrscheinlich ist eine Brandmeldeanlage in der U-Bahn losgegangen, meist ist es Fehlalarm.“ Die 46-Jährige kennt sich aus, sie hat in der Frankfurter Branddirektion gearbeitet und leitet seit 2023 die Notfallseelsorge Frankfurt. Rund 30 Ehrenamtliche bilden mit den beiden Hauptamtlichen das Team, das in der Notfallseelsorge „Dienstgemeinschaft“ heißt.

Im Dienst für Fußballbegeisterte
In Frankfurt gehört die Notfallseelsorge zur Diakonie Frankfurt und Offenbach, zudem wird sie von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau getragen. Die Notfallseelsorge hat täglich rund um die Uhr Bereitschaftsdienst. Zu Unfällen, plötzlichen häuslichen Todesfällen oder bei Suiziden wird sie gerufen, die Bandbreite der Einsätze ist groß. Im Moment steht die kommende Fußball Europameisterschaft im Fokus. Zahlreiche Fußballbegeisterte werden nach Frankfurt am Main reisen, zu den fünf EM-Spielen im Waldstadion und zum kostenlosen gemeinsamen Schauen und Feiern auf der Fan-Meile am Mainufer. Die Notfallseelsorge ist gemeinsam mit dem städtischen Gesundheitsamt für die psychosoziale Notfallversorgung während der EM zuständig. „Wir hoffen alle, dass während der EM nichts passiert, aber im Fall des Falles verfügen viele in der Notfallseelsorge über Zusatzausbildungen für Großschadenslagen,“ sagt Silke Bründermann. Zu dieser Zusatzausbildung zählt, sich im Ernstfall im Bereich der Rettungsdienste und der Feuerwehr sicher bewegen zu können sowie Kenntnisse über den Aufbau des Krisenstabes. „Wir verfügen zudem über das Vokabular, das zur Kommunikation genutzt wird, beispielsweise, um zu klären, wo genau unser Einsatzort liegt und wo sich die Menschen befinden, für die wir sorgen, und wie es weitergehen kann.“

Mit Blaulicht unterwegs
Die Notfallseelsorge wird ausschließlich via Einsatzleitstelle der Feuerwehr oder durch die Polizei alarmiert. „Bei besonderen Einsatzlagen werden wir mit Blaulicht abgeholt“, sagt Silke Bründermann. Aber auch zu Fuß, mit der S-Bahn oder per E-Scooter gelangen die Ehrenamtlichen zum Einsatzort. Meist sind sie innerhalb einer guten halben Stunde da, um Menschen zur Seite zu stehen, die plötzlich in eine tiefe Krise geraten sind.

Nie jemanden im Stich gelassen
„Erst Hilfe für die Seele“ leisten die gut ausgebildeten Frauen und Männer der Notfallseelsorge in Frankfurt seit 25 Jahren. Noch nie ließen sie jemanden im Stich: „Wir mussten in den 25 Jahren kein einziges Mal einen Einsatz absagen, zurzeit haben wir rund 300 Alarmierungen im Jahr“, sagt Silke Bründermann. Ein großes Bonbonglas steht auf ihrer Fensterbank, Lutschbonbons, am liebsten Pfefferminz, hat Bründermann immer dabei. Jeder Einsatz ist anders, erzählt sie. Aber immer geht es darum, Menschen bei schweren Schicksalsschlägen zu unterstützen und zu entlasten. Zum Beispiel, wenn Notfallseelsorger:innen gemeinsam mit der Polizei Todesnachrichten überbringen oder zu plötzlichen häuslichen Todesfällen gerufen werden. Meist haben die noch unter Schock stehenden Menschen viele Fragen: „Wie geht es weiter? Wie lange darf die Tote hier zuhause bleiben? Wann muss ich einen Bestatter verständigen?“  Manchmal sprechen die Notfallseelsorger:innen auch ein Gebet oder halten Momente des Schweigens mit den Betroffenen aus: „Wir sind zwischen zwei und vier Stunden im Einsatz, und wir lassen uns jedes Mal stark ein.“ Wenn jemand dann nach mehreren Stunden plötzlich fragt, ob die Notfallseelsorgerin etwas trinken möchte oder selbst an die frische Luft gehen will, „ist das sehr schön, denn es ist ein Zeichen des Erwachens aus dem Schreckensmoment.“

Neue Ehrenamtliche sind herzlich willkommen
Die Ehrenamtlichen sind gut auf ihre Einsätze vorbereitet: Nach 120 Stunden Ausbildung, die sie blockweise oder nach Feierabend absolvieren können, leisten sie zwei Mal im Monat einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst. „Es ist ein sinnstiftendes und erfüllendes Ehrenamt, viele sind seit Jahren dabei“, sagt Bründermann. Im Jubiläumsjahr sind in der Notfallseelsorge weitere Ehrenamtliche, die Erste Hilfe für die Seele leisten möchten, herzlich willkommen.
Kontakt für am Ehrenamt Interessierte: silke.bruendermann@diakonie-frankfurt-offenbach.de


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