Am Rande der Altstadt, nahe beim heutigen Hotel „Frankfurter Hof“, stand einst das Weißfrauenkloster. Die Ordensfrauen trugen weiße Kleider, die sie auch nachts nicht ablegten, wenn sie sich mit einem Wolltuch umwickelt auf Stroh betteten. Die Stiftung Frankfurter Bürger aus dem Jahr 1228 nahm bußfertige Straßendirnen ebenso auf wie unverheiratete bürgerliche Frauen. Müßiggang war unter den Ordensfrauen, die nach den Regeln des Heiligen Augustinus und des Heiligen Sixtus lebten, verpönt. Sie meisterten den Brand im Kloster 1248 ebenso wie das sogenannte Magdalenen-Hochwasser, den höchsten jemals gemessenen Pegel des Mains, der im Juli 1342 die gesamte Altstadt unter Wasser setzte. Der Wasserstand lag noch um 2,40 Meter höher als beim Hochwasser von 1995.
Reich verzierte Altäre Zahlreiche Frankfurter stifteten für die Erneuerung der Kirche 1468 bis 1470. In den hohen Räumen im gotischen Stil mangelte es weder an reich verzierten Altären noch an Votivgaben. Nachdem 1530 in Frankfurt die Reformation eingeführt worden war, verließen die Weißfrauen 1540 endgültig ihr Kloster.
Gottesdienste in französischer Sprache In den folgenden Jahren wurde im Gotteshaus viel Französisch gesprochen: Textilarbeiter aus Flandern und der Wallonie landeten als reformierte Glaubensflüchtlinge in Frankfurt. 1562 wurden reformierte Gottesdienste in der Stadt am Main untersagt. In den folgenden Jahrhunderten fanden vor allem aus Frankreich zugewanderte Lutheraner in der Weißfrauenkirche ihre religiöse Heimat.
Die Weißfrauenschule wird die erste Frankfurter Realschule Lachen, Rufe, Kinderspiele: Von 1813 an gingen Söhne von Handwerkern in den Klosterräumen zur Schule. Der Reformator und Pfarrer Anton Kirchner hatte hier mit der Weißfrauenschule die erste Frankfurter Realschule gegründet. Sechs Jahre später vereinigten sich die Verwaltungen des Weißfrauen- und des Katharinenstiftes – bis heute existiert das St.Katharinen-und Weißfrauenstift.
Zerstörung am 22. März 1944 Während die Klostergebäude 1912 weichen mussten, bildete die dazu gehörige Kirche weiterhin ein bedeutendes geistliches Zentrum in der Frankfurter Altstadt. Der Kirchenhistoriker Hermann Dechent wirkte in der Weißfrauenkirche ebenso wie der Mitbegründer des Pfarrernotbundes Johannes Kübel. Im Bombenhagel vom 22. März 1944 wurde mit der Frankfurter Altstadt auch die Weißfrauenkirche zerstört. Die Reste der Ruine wurden 1953 beseitigt, um die Berliner Straße weiterbauen zu können. Zeugnis von der Schönheit und dem Reichtum der alten Weißfrauenkirche legt das Stifterbild mit der Kreuzigung Jesu ab. Im 15. Jahrhundert aus der Hand eines unbekannten mittelrheinischen Meisters entstanden, blieb es ebenso unversehrt wie ein neugotisches Engelsrelief von August von Nordheim (1813-1884) und vier wertvolle Abendmahlsgeräte aus vergoldetem Silber, die im 17. und 18. Jahrhundert gefertigt worden waren.
Verzicht auf den Wiederaufbau der Weißfrauenkirche Zwar gehörte die Weißfrauenkirche zu den Frankfurter Dotationskirchen, die Stadt war also verpflichtet, sie wieder aufzubauen, doch 1952 verzichtete die evangelische Kirche auf den Wiederaufbau, die Dotation wurde aufgehoben und sie erhielt als Ausgleicher die Weißfrauenkirche und die Pauls Kirche das Dominikanerkloster mit der dazu gehörenden Heiliggeistkirche.
Neue Kirche an der Gutleutstraße Für die 10.000 protestantischen Christen im Bahnhofsviertel errichtete der Architekt Werner Neumann 1956 die neue Weißfrauenkirche an der Gutleutstraße. Doch die Zahl der Gemeindemitglieder in dem einst bürgerlichen Wohngebiet ging immer weiter zurück. Anfang 2005 übergab die evangelische Hoffnungsgemeinde die Weißfrauenkirche an das Diakonische Werk für den Evangelischen Regionalverband Frankfurt am Main.
Weißfrauen Diakoniekirche Diakoniepfarrer Dr. Michael Frase und Kurator Gerald Hintze entwickelten eine Konzeption, die die Kirche immer wieder neu für gesellschaftliche Fragen öffnet und Diakonie, Kultur und Wissenschaft verknüpft. Seit 2011 wirkt Thomas Kober als Kurator. 2011 und 2012 wurde der markante Kirchturm aufwändig saniert und 2013 mit einer Arbeit der international bekannten Künstlerin Andrea Büttner erweitert. Sie ersetzte das ursprüngliche Betongitterwerk durch Holz und richtete ein Turmzimmer auf der zweiten Etage ein. An der Fassade sind vier Bronzen angebracht, den Fuß des Turms schützt ein zwei Meter langes rotes Holzdach. Die Weißfrauen Diakoniekirche setzt mit ihrer architektonischen Schönheit und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zum Diakoniezentrum WESER5 immer wieder besondere Akzente im Austausch mit kulturellen und sozialen Themen in Frankfurt am Main