image Foto: Rolf Oeser

Ausstellung „Auf Messers Schneide”

Ausstellung mit Werken von Wolfgang Klee und Gregor Wald in der Weißfrauen Diakoniekirche eröffnet

Nach der Arbeit nicht gleich nach Hause gehen, nochmal Halt machen, Neues entdecken – dazu gab es am vergangenen Donnerstag in der Weißfrauen Diakoniekirche Gelegenheit. Die Türen der 50er Jahre Kirche an der Gutleut- / Ecke Weserstraße standen einladend offen. Die Trigger-Warnung, eine Ausstellung mit „expliziter Darstellung körperlicher und sexueller Gewalt“ sei zu sehen, schreckte nicht wirklich jemanden ab, zur Eröffnung der Ausstellung „Auf Messers Schneide“ in die Diakoniekirche zu kommen.

Nichts als Grauen
Dabei lassen die Papp-Ensembles des Frankfurter Künstlers Wolfgang Klee in ihrer Drastik kein Ausweichen zu. „Von weitem sieht Wolfgang Klees Arbeit noch ganz nett aus, fast niedlich, wie kleine Puppenhäuschen, doch bei näherer Betrachtung erfasst einen das Grauen. Hölle, Krematorium, KZ, Menschlabor, Misshandlungen. Aber alles scheint wohlorganisiert zu sein wie in kleinen Manufakturen, nichts wird dem Zufall überlassen, es sind kleine geschlossene Gesellschaften, die in sich funktionieren wie eine Spielzeugeisenbahn“, sagte Kurator Thomas Kober zur Ausstellungseröffnung. Auch gehörnte Teufelchen agieren in manchen der Papp-Habitate.

Gesetze der Harmonie und der Disharmonie
Wolfgang Klee, der 1936 geborene Frankfurter, Gründungsmitglied des Kunstvereins Klosterpresse e.V., hat das Kriegsgrauen erlebt, zwei Mal wurde er verschüttet. Aber er möchte seine Arbeiten nicht 1:1 mit seinem Leben verbinden, weist auf die Gesetze der Harmonie und der Disharmonie hin, auf Konfrontation und den Arbeitsprozess, der der Gestaltung der Papp-Habitate zugrunde liegt.

„Das Grauen wohnt den ausgestellten Werken des Frankfurter Künstlers Wolfgang Klee inne“. Fotos: Rolf Oeser

Heiter und unkompliziert
Die Arbeiten von Gregor Wald, die ebenfalls in der Weißfrauen Diakoniekirche zu sehen sind, bilden einen Kontrast. Noch nie zuvor hat er seine auf einem langen Tisch arrangierten filigranen pastellfarbenen Kunstwerke ausgestellt. Verschlüsse von Bügelflaschen sind ebenso eingebaut wie ein kleiner Lockenwickler, Assoziationen sind keine Grenzen gesetzt, mal scheint es wie eine menschenleere Zirkuswelt oder wie ein Kinderspielplatz. Zwei Frauen, die erstmals in die Weißfrauen Diakoniekirche gekommen sind, machen Halt, zeigen einander, was sie sehen. Gregor Wald ist ein Künstler, der sich „weder von Trends noch Strömungen beeinflussen lässt“, sagte Kurator Thomas Kober zur Einführung. Und: „Seine Kleinplastiken muten wie sinnlose und infunktionale Maschinen aus einer anderen Welt an, bei denen alles heiter und unkompliziert ist.“

Allerlei zu entdecken
In den ebenfalls ausgestellten schuhkartongroßen Papp-Wohnungen Gregor Walds wiederum lässt sich allerlei entdecken, von der lässig hingestreckten Figur mit aufmontiertem Kopf von Schauspieler Joachim Fuchsberger über die unvermeidlichen Alkoholflaschen in den Wohnungen der 1960iger Jahre bis hin zu Tonbändern und Plattenspielern. Gregor Wald ist 1969 geboren, er kennt die Welt der 1950iger und 1960iger Jahren nur aus Erzählungen oder Zeitschriften. „Auf Messers Schneide“ stehen auch seine Welten, auch hier ist nicht klar, ob es wirklich im Guten oder im Bösen endet.

Kunst darf anstößig sein
Für die Ausstellung brauche es kaum eine Trigger-Warnung, denn schon auf dem Weg zur Diakoniekirche im Bahnhofsviertel ist allerhand Anstößiges zu erleben, sagte Diakoniepfarrer Markus Eisele zur Eröffnung: „Mir geht es so mit Blick auf das Elend der Gestrandeten unserer Zeit, seien es die Obdachlosen und Drogenabhängigen in den umliegenden Straßen.“ Wer bewusst lebt, sagte Eisele, „der muss Anstoß nehmen. Und darum darf Kunst auch anstößig sein. So wie es diese Ausstellung tut.“

Öffnungszeiten:
Die Ausstellung in der Weißfrauen Diakoniekirche Weserstraße/Ecke Gutleutstraße ist bei kostenfreiem Eintritt bis zum Samstag, 6. Mai zu sehen, und zwar dienstags bis samstags von 11-17 Uhr.

Im Begleitprogramm: Künstlergespräch und Performance mit Collektive SWED
Im Begleitprogramm zur Ausstellung „Auf Messers Schneide“ gibt es am Dienstag, 28. März um 18 Uhr ein Künstlergespräch mit Thomas Röske, dem Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher, der die Sammlung Prinzhorn am Universitätsklinikum Heidelberg leitet.
Die Performance-Gruppe Collektive SWED ist am Samstag, 1. April 2023 um 18 Uhr in der Weißfrauen Diakoniekirche zu sehen, mit Cristina Teuscher und Franz Klee, dem Sohn von Wolfgang Klee.

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