image Foto: Rolf Oeser

Agata Adamiec liebt ihren Beruf als Tagesmutter.

Per Zufall zum Traumjob – eine Tagesmutter berichtet

Per Zufall kam Agata Adamiec zu ihrem Traumjob

Ihren Beruf zu wechseln – dem stand Agata Adamiec ziemlich fern. Im Einzelhandel tätig, hatte sie einen sicheren und gut bezahlten Job, nach der Geburt ihres Sohnes freute sie sich über drei Jahre Elternzeit. Eine Freundin, die ebenfalls Mutter geworden war, suchte hingegen dringend eine Tagesmutter oder einen Tagesvater für ihr Kind und war dabei, zu verzweifeln, weil sie einfach keinen Platz in der Tagespflege fand. Kurzentschlossen absolvierte Agata Adamiec daraufhin eine kleine Grundausbildung und betreute dann tagsüber das Kind ihrer Freundin gleich mit. Der Freundschaftsdienst sollte ungeahnte Folgen zeitigen. „Die beiden Kinder zu begleiten, zu beobachten, wie sie sich entwickeln und miteinander kommunizieren, hat den Blick auf mich selbst und meine Prioritätensetzung verändert. Durch ihre Begeisterung für kleine, unscheinbare Dinge, ihre Unvoreingenommenheit und Verankerung im Hier und Jetzt habe ich ganz neue Seiten von mir kennengelernt“, fasst Adamiec ihre Erfahrungen zusammen.

Seit 18 Jahren Tagesmutter
Als ihr klar war: „Das ist mein Ding“, setzte Agata Adamiec die Ausbildung zur Tagesmutter fort, ließ sich zertifizieren und kündigte nach Ablauf der Elternzeit ihren Job im Einzelhandel. Das ist jetzt 18 Jahre her und wenn sie zurückblickt, verrät schon ihr strahlendes Gesicht: „Die Entscheidung habe ich bis heute keinen Tag bereut. Vorher war ich auf Leistung getrimmt, durch die Kinder hat sich mein Leben entschleunigt. Ich lerne ständig dazu, weil jeder Tag anders ist.“ Von ihrem Mann und ihrem Sohn beim beruflichen Umstieg unterstützt, konnte Agata Adamiec auch die Räume ihres kleinen Reihenhauses gut nutzen.

Das Kinderparadies im Wohnzimmer
Von acht bis 16 Uhr verwandelt sie das Wohnzimmer mit offener Küche und Terrasse zum Garten in ein Kinderparadies. Von der Waldorf-Pädagogik inspiriert, können die Kleinen bei ihr mit getrockneten Kastanien und ausgeblasenen Kokosnüssen, leichten Holzkisten, Kissen oder Haushaltsutensilien wie Kochlöffel und Küchensieb hantieren. Spielsachen und Bilderbücher gibt es natürlich auch. Nach Feierabend verstaut Agata Adamiec alles im Schrank. Nur die Kinderküche hat einen festen Platz in einer Nische unter der Treppe in den ersten Stock, wo die stapelbaren Bettchen für den Mittagsschlaf aufgestellt werden.

Zuhören, vorlesen, singen
Die 56-Jährige sieht es als großes Plus, dass Tagesmütter und Tagesväter die Umgebung und die Angebote für die Kinder frei gestalten können. Das eigene Wohnzimmer und die Küche zu nutzen, entspricht ihrem „Konzept der Familiennähe“. Dazu gehöre etwa, dass die Kinder die Zubereitung von Frühstück, Mittagessen und dem Imbiss am Nachmittag mitverfolgen. Der tägliche Morgenkreis, bei dem die Kleinen erzählen, was sie zuhause gemacht haben, wo sie vorliest und mit den Kindern singt, schafft ebenfalls eine familiäre Atmosphäre. Die Zeit des Mittagsschlafs nutzt Agata Adamiec zum Aufräumen und für Notizen über die Kinder. „Ich betreue maximal fünf Kinder, manche Kolleginnen aber auch nur drei.“

Mit den Bobbycars Rumtoben
Wenn es nicht gerade in Strömen regnet, stehen bei den „Bergrabauken“ – der Name bezieht sich auf den Stadtteil Frankfurter Berg – nachmittags kleine Ausflüge auf dem Programm. Die unternimmt Adamiec oft mit einer Kollegin aus der Umgebung. Die Siedlung bietet dafür optimale Bedingungen. Viel Grün, wenig Verkehr, obendrein hat Agata Adamiec eine große Spielanlage mit Skater-Platz quasi vor der Tür. Hier toben die Kinder mit Bobbycars herum, die in der Garage lagern. Bei den abwechslungsreichen Tagesprogrammen stehen für die Tagesmutter die Stärkung und Förderung jedes einzelnen Kindes sowie das Einüben des sozialen Miteinanders ganz vorn. Die Tagespflege sei schließlich „die Grundlage für den Kindergarten und darüber hinaus“. Wichtig sind ihr zudem die regelmäßigen Gespräche mit den Eltern: „Jede Familie hat andere Bedürfnisse und Erwartungen, andere Ängste und Sorgen.“ Gerade junge Mütter und Väter fragten sie öfter um Rat.

Viele Fortbildungsmöglichkeiten
Neben den „Grundvoraussetzungen Feingefühl und Empathie“ besitzt Agata Adamiec eine breite Fachkompetenz. In der Tagespflege seien jährlich 20 Stunden Fortbildung Pflicht, da sie vieles interessiert, macht sie aber weitaus mehr. Ihre Fortbildungszertifikate reichen von pädagogisch-psychologischen Themen über Sprachförderung und motorische Entwicklung bis zu Inklusion und Ernährung. Ob in der Praxis oder der Theorie – die Arbeit als Tagesmutter erlebt Agata Adamiec in jeder Hinsicht als Bereicherung und möchte sie nicht mehr missen. Nicht zuletzt, weil sie täglich auch große Wertschätzung erhalte: „Die Eltern geben das Wertvollste, das sie haben, bei mir ab – ihre Kinder.“

Wie werde ich Tagesmutter oder Tagesvater
Die Grundausbildung zur Tagesmutter oder zum Tagesvater wird von der Stadt Frankfurt am Main angeboten. Sie findet in Blöcken statt und umfasst insgesamt 160 Stunden. Für Menschen, die bereits Erzieher:innen waren oder über andere Qualifikationen im pädagogischen Bereich verfügen, ist die Stundenanzahl geringer. Eine regelmäßige Weiterbildung ist in beiden Fällen verpflichtend. Erforderlich sind zudem kindgerechte Räume, die auch angemietet werden können. Die Tagespflege gilt als freiberufliche Tätigkeit, die Bezahlung erfolgt monatlich durch die Stadt.
Der Fachdienst Kindertagespflege des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach klärt zum einen über den Weg und die Voraussetzungen für eine Pflegeerlaubnis auf. Zum anderen berät und begleitet der Fachdienst bereits tätige Tagespflegepersonen und fördert die Vernetzung und den Austausch untereinander. Zuständig für die nördlichen Stadtteile Berkersheim, Bonames, Eckenheim, Frankfurter Berg, Harheim, Nieder-Erlenbach, Nieder-Eschbach und Preungesheim, vermittelt die Kindertagespflege des Evangelischen Regionalverbandes dort auch Eltern, die Tagespflegepersonen suchen und folgt dabei dem Prinzip, dass Eltern und Tagespflegepersonen möglichst gut zusammenpassen.

Weitere Informationen erteilen die pädagogischen Fachberaterinnen Anke Gröne und Sabine Naumann-Lach beim Evangelischen Regionalverband Frankfurt und Offenbach: Telefon:  069-24 75 149-6904 und E-Mail: kindertagespflege@diakonie-frankfurt-offenbach.de


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