image Foto: Peter Weidemann

Köchin Fadoua El Madaghri schiebt ein neues Blech mit Paprika in den Ofen.

Buntes Miteinander im Bunten Kochtopf

An jedem Donnerstag treffen sich Bewohner:innen der Nordweststadt unter dem Motto „Gemeinsam statt einsam“ zu einem kostenfreien warmen Mittagstisch

Der Bunte Kochtopf hat noch nicht geöffnet, aber in der Küche schmurgeln bereits Paprika auf zwei Blechen im Backofen und verbreiten einen köstlichen Duft. Fadoua El Madaghri und Fatma Aras haben die Schoten mit Rinderhack gefüllt. Dazu gibt es Gurkensalat und zum Nachtisch selbstgemachten Erdbeer-Joghurt mit frischen Früchten. Bis 12.30 Uhr müssen die beiden Köchinnen fertig sein, dann treffen die ersten Gäste ein. Um 14 Uhr schließt die Essensausgabe – so wie an jedem Donnerstag am Gerhart-Hauptmann-Ring 398 in Frankfurt.

Die knappen Öffnungszeiten lassen erkennen, dass es sich bei dieser Lokalität nicht um eine Kneipe handelt. Die wäre auch schnell in den Miesen, denn die Gäste des Bunten Kochtopfs zahlen für ihre Mahlzeit nichts, sie geben allenfalls eine Spende. Zum wöchentlichen warmen Mittagstisch sind Menschen in der Nordweststadt eingeladen, seien sie arm oder reich, jung oder alt. Ein Projekt des Quartiersmanagements, das in Trägerschaft der Diakonie Frankfurt und Offenbach betrieben wird. Fünf weitere Kooperationspartner wirken beim Bunten Kochtopf mit.

Das Essen ist fertig. Fadoua zieht die dampfenden Paprika aus dem Ofen. Fatma kocht Kaffee. Die Küche ist nur wenige Quadratmeter groß. Die beiden Köchinnen räumen daher nach jedem Arbeitsgang auf, spülen und reinigen die Flächen. Man könnte vom Boden essen. Doch serviert wird eine Etage tiefer, im Café des Tassilo-Sittmann-Hauses, dem Sozial- und Kulturzentrum der Nordweststadt. Hier befindet sich auch das Büro des Quartiersmanagements.

Köchin Fatma Aras kocht Kaffee. Foto: Peter Weidemann

Die Nordweststadt mit ihren über 7.000 Wohnungen wurde wegen der Wohnungsnot in den 1960ern innerhalb weniger Jahre komplett neu gebaut. „Das war damals ein großes Projekt und einzigartig in seiner Planung. Wer heute durch das Viertel läuft, staunt über die vergleichsweise lockere Bebauung und das viele Grün“, sagt Janina Korb, die Quartiersmanagerin der Nordweststadt. Mittlerweile leben hier viele Senioren und Alleinstehende. Den höchsten Anteil an der Wohnbevölkerung, etwa 70 Prozent, haben Menschen mit Migrationsgeschichte.

Da die Nordweststadt aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte über keine gewachsenen Strukturen verfügt und es außerdem an genügend Orten fehle, wo Menschen zusammenkommen können, seien Einsamkeit und Isolation ein großes Thema, sagt Korb. „Das Miteinander hier ergibt sich nicht von selbst, es muss gewollt sein und gefördert werden“, findet die Quartiersmanagerin. Im Bunten Kochtopf gehe es darum nicht nur um das Essen, unterstreicht sie und zitiert das Motto des Projekts: „Gemeinsam statt einsam.“

Susanne Fachinger hat Spaß an ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. Foto: Peter Weidemann

12.20 Uhr. Die ersten Gäste finden sich ein, obwohl sie noch zehn Minuten bis zum Essen warten müssen. „Manche kommen auch schon um zwölf, um hier zu sitzen und sich zu unterhalten“, sagt Susanne Fachinger. Sie gehört zu den Ehrenamtlichen, die den Bunten Kochtopf am Laufen halten, und ist jeden Donnerstag dabei. Heute hilft auch Petra Bohrmann mit. Die 63-Jährige nimmt sich alle drei bis vier Wochen die Zeit, obwohl sie neben der Suche nach einer Arbeitsstelle noch einen pflegebedürftigen Sohn betreut. „Es ist immer schön zu kommen“, sagt sie, „man trifft dieselben Leute, lernt aber auch neue kennen.“

An den Plätzen für die Gäste liegt bereits Besteck, eingerollt in orange Servietten. Diese Aufgabe hatten Mokthar und Umniah erledigt, ehe sie zusammen mit Petra – im bunten Kochtopf duzt man sich im Team – Vasen mit weiß-rosa Nelken auf den Tisch gestellt haben. Die beiden jungen Leute besuchen die nahegelegene Integrierte Gesamtschule Ernst-Reuter II und wirken im Rahmen ihrer Berufsorientierung im Bildungsgang Geistige Entwicklung mit. Bei den Besucher:innen des Bunten Kochtopfs sind sie wegen ihres Eifers und ihrer freundlichen Art sehr beliebt.

Mokthar (rechts) und Umniah rollen Besteck in Servietten ein. Foto: Peter Weidemann

Jetzt helfen beide bei der Ausgabe des Essens, das das Team allen Gästen am Tisch serviert. „Man wird begrüßt und bedient, das ist so schön“, freut sich Rolf Schulze, der mit seiner Frau zum zweiten Mal gekommen ist. „Ein tolles Angebot, gerade für Leute, die es nicht so dicke haben. Da spendet man gerne“, sagt er. Seine Frau Karin Weichelt will beim Bunten Kochtopf ehrenamtlich einsteigen. „Eine Bekannte hat mir vom Bunten Kochtopf erzählt, und ich habe gesagt, das schauen wir uns mal an“, sagt sie. Von ihrem Engagement beim Besuchsdienst der evangelischen Gemeinde weiß sie um die Einsamkeit alter Menschen. „Aber hier ist man in Gesellschaft“, sagt ihr Mann.

„In Kontakt zu kommen ist doch der Zweck des Unternehmens“, meint Rainer Hentschel, der mit seinem Freund Homayon Sadri an einem Tisch sitzt. Die beiden Männer haben sich hier kennen gelernt. Ihre Teller sind bereits abgeräumt. Nicht nur ihnen hat es gemundet. „Wirklich sehr schmackhaft“, lobt die Rentnerin Hipp Verloop und zeigt den Köchinnen „Daumen hoch“. Das Essen von Fadoua und Fatma schmeckt den Gästen so gut, dass sie sich oft nach den Rezepten erkundigen. „Wir planen, ein kleines Rezeptbuch herauszugeben“, verrät Susanne Fachinger.

Gemütlicher Plausch nach dem Essen: (von links) Rainer Hentschel, Homayon Sadri und Hans-Joachim Bormann. Foto: Peter Weidemann

Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, die Einnahmen zu verbessern. „Der Bunte Kochtopf ist während der Pandemie mit Projektmitteln des Corona-Aktionsplans der Stadt Frankfurt gestartet, um Bedürftigen ein kostenfreies Mittagessen zu bieten und einsame Menschen aus der Isolation zu holen“, sagt Quartiersmanagerin Janina Korb. Diese Unterstützung gebe es nicht mehr. Kosten entstehen für die beiden Köchinnen und die eingekauften Lebensmittel. Janina Korb ist darum froh, dass die Diakonie-Stiftung Frankfurt und Offenbach den Bunten Kochtopf mit 6.000 Euro fördert. Wir wollen so gerne weitermachen“, sagt sie, „der Bunte Kochtopf tut den Menschen und dem Viertel gut.“

Foto: Peter Weidemann

Infobox: Das Projekt „Bunter Kochtopf“ in der Frankfurter Nordweststadt gibt es seit Juni 2023. Menschen, die nicht alleine essen möchten, Kontakte suchen oder über ein nur geringes Einkommen verfügen, sind dazu donnerstags in das Sozial- und Kulturzentrum „Tassilo-Sittmann-Haus“ (Gerhart-Hauptmann-Ring 398) eingeladen. Quartiersmanagerin Janina Korb initiierte den Mittagstisch und organisiert ihn mit zahlreichen Kooperationspartner:innen und Ehrenamtlichen. Beim „Bunten Kochtopf“ kooperieren die Evangelische Kirchengemeinde Nordwest, die katholische Pfarrei St. Katharina von Siena, das Begegnungs- und Beratungszentrum im Gerhart-Hauptmann-Ring des Frankfurter Verbandes, die Berufsorientierung der Ernst-Reuter-Schule II und „smart work frankfurt“ mit dem Quartiersmanagement der Diakonie Frankfurt und Offenbach. (pw)

Spendenkonto: Diakonie Frankfurt und Offenbach, IBAN: DE11 5206 0410 0104 0002 00, Evangelische Bank eG, Verwendungszweck: 2110/01 – UK 7 Bunter Kochtopf


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