Engagement und Herzblut im Fokus der Sommertour der Evangelischen Kirche Frankfurt und Offenbach
Trotz schweißtreibender Hitze fand auch in diesem Jahr die Sommertour der Verbandsleitung der Evangelischen Regionalverbands Frankfurt und Offenbach (ERV) statt. Mit dem Fahrrad besuchte die fünfköpfige Gruppe zwei Einrichtungen in Frankfurt und vier in Offenbach, um die Arbeit vor Ort besser kennen zu lernen und das Engagement der Mitarbeitenden zu würdigen. Ziel der Tour ist es, die engagierte Arbeit der Mitarbeitenden direkt zu erleben und zu unterstützen.
Die Gruppe, bestehend aus den ERV-Geschäftsführern Markus Eisele und Thomas Speck, Stadtdekan Holger Kamlah sowie den Prodekaninnen Amina Bruch-Cincar und Stefanie Brauer-Noss, erhielt vertiefte Einblicke und führte interessante Gespräche.
Erste Station war „Samt & Sonders XXL“ in Bergen-Enkheim, ein Secondhand-Markt der Diakonie Frankfurt und Offenbach. Marktleiterin Verena Schlossarek präsentierte das neue Konzept des Marktes, der nun für alle Menschen offen ist. Die Arbeit von 50 Mitarbeitenden beeindruckte die Gruppe tief. Markus Eisele fasste es treffend zusammen: „Riesenrespekt.“
Weiter ging es zum Quartiersmanagement in Fechenheim, das zwei unterschiedliche Stadtteile vereint. Leonore Vogt und Nikolaos Tsakmakis berichteten von ihrer wertvollen Arbeit und den steigenden Herausforderungen. Der ungebrochene Einsatz der Quartiersmanager gab der Gruppe viel Stoff zum Nachdenken.
Nächste Station war der „Sozialdienst Offenbach Wohnungsnotfallhilfe“ unter der Leitung von Thomas Quiring und ein Besuch in der gut frequentierten Teestube in der Bismarckstraße 149. Hier erhalten wohnungslose und armutsbetroffene Menschen kostenlose Verpflegung. weitere Unterstützungsangebote wie eine Fachberatungsstelle, einen Kleiderladen, Betreutes Wohnen und Kurzzeitübernachtungen gehören ebenfalls zum Sozialdienst, zur Zeit noch an verschieden Orten rund um den Bahnhof. Der Sozialdienst wird ab 2025 in einem Neubau in der Gerberstraße 15 untergebracht sein, wo es auch Mikroappartments und Notunterkünfte geben wird. Zudem gibt es regelmäßige Aktivitäten wie einen Friseurbesuch und sowie traditionelle Veranstaltungen wie die Weihnachtsfeier für Wohnungslose. Für das neue Haus ist auch ein Mittagstisch in Planung.
Sommerferien bei Tilda In der Offenbacher Mathildenschule erinnerte sich die Besucher an die eigene Schulzeit, obwohl dort nur wenige Kinder waren – Ferien! Jedoch nicht für das Projekt Tilda, das der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit betreibt. Zu den Ganztagsangeboten von Tilda gehört auch die Ferienbetreuung. Patricia Kaschky von Tilda freute sich über die tollen Räumlichkeiten und die dankbaren Kinder.
Kaschky betonte, wie wichtig die Arbeit von Tilda für die Kinder sei, besonders in einem Stadtteil mit hohem Migrationsanteil. Sie legt Wert darauf, kulturelle Unterschiede zu überbrücken und die Kinder zu unterstützen. Ein nachmittäglicher Snack, ermöglicht durch die Diakonie-Stiftung Frankfurt und Offenbach und die Esther-Laun-Stiftung, stärkt die Kinder und lehrt sie gleichzeitig praktische Fähigkeiten.
Noch jüngere Kinder stehen in Bieber-Nord im Mittelpunkt. Dort hat die Diakonie die Trägerschaft für den von der Stadt neu gebauten Kindergarten übernommen. Kita-Leiterin Ivonne Weber und ihr Team legen den Fokus auf die Bedürfnisse der Kinder. Eine Gruppe für unter Dreijährige (U3) ist bereits aktiv, eine zweite startet im Oktober. Zwei weitere Gruppen sind aus einem abgerissenen alten Kindergarten umgezogen. Die Kita hat eine Warteliste von 160 Kindern über drei Jahre. Die feierliche Eröffnung der Kita findet am Weltkindertag, 20. September statt. Trotz bundesweitem Personalmangel sind Weber und ihre Stellvertreterin Maia Gertel motiviert und hoffen auf gesamtgesellschaftliche Lösungen. Die neue, moderne Einrichtung und die ersten positiven Rückmeldungen der Eltern sind ermutigend.
Nichts hilft gegen Vorurteile so gut wie Gespräche mit Experten, dies zeigte ein Besuch bei der Schuldnerberatung des Evangelischen Zentrums für Beratung in Offenbach, der letzten Station der Sommertour. Schuldnerberater David Mayer und seine Kolleginnen und Kollegen helfen, Wege aus Schuldensituationen zu finden. Die Schuldnerberatung, übrigens die einzige im Evangelischen Regionalverband, ist nur eines der Angebote des Beratungszentrums. Außerdem gehören die Allgemeine Lebensberatung und die Migrationsberatung für Erwachsene dazu. Der Beratungsbedarf ist riesengroß, wie Einrichtungsleiter Michael Franke berichtet, aber es gibt nicht genug Stellen, und auch die öffentliche Förderung reicht nicht aus.
Viel Engagement, doch die öffentliche Hand hält sich zurück Am Ende des Tages regnet es ein wenig. Doch es kühlt nicht ab. Die Hitze des Tages hat den radelnden Männern und Frauen der ERV-Verbandsleitung und des Dekanakollegiums mächtig zugesetzt. Ihnen ist aber auch auf andere Weise warm geworden. ERV-Geschäftsführer Markus Eisele zieht für alle eine Bilanz: „Wir haben heute eine beeindruckende Vielfalt kirchlicher und diakonischer Arbeit kennengelernt. Ohne unsere hochmotivierten, ja charismatischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich hingebungsvoll für Menschen jedes Alters einsetzen, wäre der Zusammenhalt in unserer auseinanderdriftenden Gesellschaft mehr als gefährdet. Ohne Übertreibung ist uns warm ums Herz geworden, soviel Engagement zu erleben. Umso mehr ärgert mich, dass viele dieser Angebote von der öffentlichen Hand völlig unzureichend und nicht kostendeckend finanziert sind. Weitere Kürzungen treffen am Ende vor allem die, die am meisten auf Hilfe angewiesen sind. So riskieren wir den sozialen Frieden und damit auch unsere Demokratie.“
REPORTAGE: WARM UMS HERZ
Eine Serie in sechs Teilen über die Sommertour 2024
Teil 1
Trotz erwarteter Rekordhitze startete auch in diesem Jahr die Sommertour der Verbandsleitung des Evangelischen Regionalverbandes und des Dekanekollegiums der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach. Durchaus eine körperliche Herausforderung, denn alle Ziele wurden mit dem Fahrrad angefahren. Um es vorweg zu sagen: Der fünfköpfigen Gruppe wurde es warm. Klar, die Hitze! Doch auch anders als gedacht. Und das lag nicht an den schweißtreibenden Temperaturen. Diesjährig standen zwei Einrichtungen in Frankfurt und vier in Offenbach auf dem Reiseprogramm, in denen sich engagierte Mitarbeiter:innen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Menschen kümmern, sei es in Schulen und Kitas, im Quartier, an sozialen Brennpunkten oder in der Beratung.
Die Sommertour fand erstmals im letzten Jahr statt und soll sich zu einer schönen Tradition entwickeln. Die Besuchsgruppe umfasste die ERV-Geschäftsführer Markus Eisele und Thomas Speck sowie Stadtdekan Holger Kamlah und die Prodekaninnen Amina Bruch-Cincar und Stefanie Brauer-Noss. Die fünf freuten sich auf vertiefte Einblicke und interessante Gespräche mit den Mitarbeitenden, denn deren Einsatzfreude und Ideenreichtum prägen die Arbeit vor Ort.
Samt & Sonders XXL: sozial und nachhaltig
Erste Station: Samt & Sonders XXL in Bergen-Enkheim. Es ist noch früh am Morgen und sehr ruhig. Der Secondhand-Markt in Trägerschaft der Diakonie Frankfurt und Offenbach öffnet erst um 11 Uhr. Leiterin Verena Schlossarek führt die Gäste durch das Gebäude, das aus zwei Teilen besteht, der Verkaufsfläche und dem Lager, wo die gespendeten Sachen abgegeben, begutachtet, sortiert und eingelagert oder gleich in den Verkauf gebracht werden. Auf insgesamt 2.400 Quadratmetern. „Bei Samt & Sonders XXL haben wir seit Juni ein neues Konzept. Aus dem Sozialkaufhaus, dem ehemaligen „Familienmarkt“, ist ein Secondhand-Markt für jedermann geworden“, erklärt Schlossarek.
Hier können also nicht nur Menschen mit Einkaufsberechtigung einkaufen, sondern auch alle anderen Käufer:innen, die bisher nur an einem Tag in der Woche kommen konnten. „Natürlich erhalten Student:innen, Inhaber:innen des Frankfurt-Passes und Menschen mit nachweislich geringem Einkommen weiterhin spezielle Rabatte. Wohnungslose bekommen Bekleidung und Ausstattung gratis“, sagt Verena Schlossarek. Allein drei bis fünf Obdachlose würden täglich davon Gebrauch machen.
Befürchtungen, dass betuchtere Leute den Laden leerkaufen könnten, widerspricht sie. „Wir sind nach wie vor gut bestückt, und Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist ja auch ein Ziel von Samt & Sonders“, sagt Schlossarek. Neuwaren, meist aufgrund von Firmenspenden, seien die Ausnahme. „Bei uns kommt Gebrauchtes in den Verkauf, und dabei sind wir auf Spenden angewiesen.“ Vor diesem Hintergrund wirkt die geradezu riesige Verkaufsfläche mit dem attraktiv präsentierten Vollsortiment doppelt beeindruckend. Gut erhaltene, modische Kleidung macht den Hauptbestand aus. Außerdem gibt es Heimtextilien wie Handtücher und Bettwäsche, Geschirr und Glaswaren, Spielzeug, Schuhe, Schmuck, Haushalts- und Unterhaltungstechnik sowie Lampen und Möbel.
Preislich liege man im unteren Marktsegment, sagt Verena Schlossarek. Höhere Preise würden viele der Einkaufenden überfordern. Gut 50 Leute halten den Markt am Laufen, darunter viele Ehrenamtliche und – auch das ein großer Pluspunkt von Samt & Sonders XXL – Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt, die vom Jobcenter zugewiesen werden und sich hier in menschenfreundlicher Umgebung unter Anleitung in die neue Tätigkeit einarbeiten können. „Riesenrespekt“, fasst Markus Eisele die Reaktionen der Besuchsgruppe zusammen.
Die folgenden Teile der Serie:
Sommertour 2: Arbeit in einer „geteilten“ Stadt
Sommertour 3: „Wir sind hier im Viertel zuhaus“
Sommertour 4: Kindern Gutes tun
Sommertour 5: Neue Kita im Aufbruch
Sommertour 6: „Wir werden überrannt“
Hier gibt es die gesamte Reportage als pdf-Datei