image Foto: Susanne Schmidt-Lüer

Trauerfeier für verstorbene obdachlose und wohnungslose Menschen in der Weißfrauen Diakoniekirche.

„Es war gut“

Mit einer Trauerfeier gibt das WESER5 Diakoniezentrum obdachlosen und wohnungslosen Menschen einen Ort zum Gedenken an Verstorbene

Es ist warm in der Weißfrauen Diakoniekirche. Kaffeekannen und Bleche voller Kuchen stehen bereit, eine Lichterkette schmückt den Eingang zum Kirchenraum. Männer mit schweren Rucksäcken und Taschen nehmen Platz, Frauen lassen beim Hinsetzen ihre Winterjacken an. Zum zweiten Mal hat das WESER5 Diakoniezentrum in die Weißfrauen Diakoniekirche eingeladen, um mit einer Trauerfeier obdach- und wohnungslosen Menschen einen Ort zum Trauern und Gedenken an verstorbene Freunde, Wegbegleiter oder Verwandte zu geben. Unten, an der Treppe vor der Kirche, brennen Scheite in einer Feuerschale, oben, neben den Sitzreihen, stehen Kerzen in Gläsern. Ein Mann nimmt Platz und deutet auf seinen dicken Fuß: „Ich kann nicht aufstehen“, sagt er. Zum Gottesdienst ist er trotzdem gekommen, es ist ihm wichtig. Nach und nach füllen sich die Reihen, manche bleiben ganz hinten an den Tischen für den Trauerkaffee sitzen, Conny Busweiler nimmt in der ersten Reihe Platz, ganz am Rand.

Letzte gute Wünsche und Gedanken
Roland, die Liebe ihres Lebens, ist in diesem Jahr gestorben, auch für ihn stellt Sozialarbeiter Matthias Roth eine brennende Kerze auf den Altar. Diakoniepfarrer Markus Eisele verliest symbolisch für die vielen Namenlosen deren gedacht wird fünf Namen von Verstorbenen, die im WESER5 Diakoniezentrum ein- und ausgegangen waren, darunter auch ein Bewohner im Übergangswohnhaus. Viele Mitarbeiter:innen sind gekommen, auch sie schreiben letzte gute Wünsche und Gedanken an die Verstorbenen auf bereitliegende bunte Papiere und verbrennen sie anschließend in der Feuerschale vor der Kirche. Der Besucher mit dem geschwollenen Fuß hat mehrere Zeilen für seine Mama aufgeschrieben.

Die Toten dürfen uns in unserem Alltag begleiten
„Jede gute Erinnerung kann wie ein Schatz sein, will uns Kraft geben für das Heute. Wir müssen die Erinnerungen nicht loslassen und die Toten nicht zurücklassen in der Vergangenheit. Sie dürfen uns begleiten. Im Traum, im alltäglichen Leben, im gemeinsamen Lachen und Weinen, wenn wir von ihnen sprechen, die uns fehlen“, hat Diakoniepfarrer Markus Eisele in seiner Ansprache gesagt. Worte, die Conny Busweiler zu Herzen gehen. „Es war gut“, sagt sie am Ende des Gottesdienstes.

Hohe Verelendung
Katrin Wilhelm, die Leiterin des WESER5 Diakoniezentrums, ist froh, auch Wohnungslosen, die oft in den Tagestreff kommen, einen Rahmen für Trauer und Abschied zu geben. „Die Leute sind teilweise sehr verelendet hier im Bahnhofsviertel“, sagt Wilhelm. Sie erinnert an die verstorbenen Obdachlosen und Drogenabhängige in Frankfurt in diesem Jahr, für die Anfang November ein ökumenischer Gottesdienst in Liebfrauen abgehalten worden war. „Viele der Menschen sind in einem sehr schlechten körperlichen und seelischen Zustand, im vergangenen Jahr haben wir für 120 Menschen Lichter entzündet, in diesem Jahr waren es schon 160.“


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