Trotz Pflegenotstand sind viele ausländische Pflegehelfer:innen in Frankfurt von Abschiebung bedroht.
Hessen droht eine „Pflegekatastrophe“, zu diesem Schluss kommt die BARMER Krankenkasse in einem Dossier aus dem Jahr 2022. In den Pflegeeinrichtungen ist dies deutlich zu spüren; bereits heute sind viele Träger am Limit ihrer Kapazitäten angelangt. Um dem zu begegnen, müssen alle verfügbaren Potenziale genutzt werden. Dennoch sind viele Pflegehelfer:innen aus sog. Drittstaaten von der Ausreise bedroht und das, obwohl sie die staatlich anerkannte einjährige Qualifizierung zum/zur Pflegehelfer:in erfolgreich absolviert haben. Vor diesem Hintergrund appelliert die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Frankfurt am Main (Liga Frankfurt) an die hiesige Ausländerbehörde, Einzelfallprüfungen zu beschleunigen und der betreffenden Personengruppe eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung ihrer systemrelevanten Tätigkeit zu gewähren.
Ausbildung ja, Arbeitsaufnahme nein Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das zum 01.03.2020 in Kraft getreten ist, wurden die Möglichkeiten verbessert, für eine Ausbildung und/oder für eine Tätigkeit als Fachkraft nach Deutschland einzuwandern. Davon profitieren auch angehende Pflegehelfer:innen. Das Paradox: Haben sie sich im Rahmen einer einjährigen Ausbildung in Deutschland erfolgreich qualifiziert, wird ihnen dann ein Visum verwehrt, um den erlernten Beruf auch ausüben zu können. Denn ein solches erhält nur, wer einen staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf von mindestens zwei Jahren vorweisen kann. Dieser Umstand allein entbehrt jeder Logik, wird aber umso unverständlicher in Hinblick auf die Tatsache, dass die Bedeutung von Pflegehilfskräften im Pflegesystem erst vor Kurzem rechtlich gestärkt wurde. So gibt es seit dem 01. Juli das sog. Personalbemessungsgesetz, nach dem die Fachkraftquote abzusenken und die Hilfskraftquote zu erhöhen ist. Ergo wird sich der Bedarf an Pflegehelfer:innen – der schon gegenwärtig kaum gedeckt werden kann – in Zukunft noch weiter erhöhen.
Eine Kursänderung könnte das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung bringen. Über eine Änderung der Beschäftigungsverordnung sollen anerkannte Pflegehelfer:innen künftig in Deutschland legal leben und arbeiten dürfen. Jüngst wurde es im Bundesrat beschlossen. Doch sein Inkrafttreten ist nicht vor dem kommenden Jahr zu erwarten – zu lange für die Pflegeeinrichtungen, die pflegebedürftigen Menschen und die vielen engagierten Pflegehelfer:innen.
Liga Frankfurt fordert schnelles und unbürokratisches Agieren durch die Frankfurter Ausländerbehörde In Anlehnung an das Positionspapier der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V. „Zwangsausreisen von einjährig examinierten Pflegehilfskräften stoppen!“ hat sich die Liga Frankfurt Anfang Juni an den Hessischen Innenminister Peter Beuth gewandt. Ihre eindringliche Bitte war, dem Beispiel Berlins zu folgen und die hessischen Ausländerbehörden anzuweisen, Einzelfallprüfungen zu beschleunigen und den einjährig examinierten Pflegehilfskräften eine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren, weil ein regionales, wirtschaftliches und arbeitsmarktpolitisches Interesse an deren Arbeit besteht. Jetzt hat dieser auf die Anfrage der Liga Frankfurt reagiert: So wurde sich mit der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit geeinigt, auf eine wohlwollende Prüfung von Anträgen durch die Ausländerbehörden und Agenturen hinzuwirken, soweit die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Liga Frankfurt begrüßt diesen Schritt außerordentlich und fordert in der Konsequenz nun eine schnelle und unbürokratische Umsetzung durch die Frankfurter Ausländerbehörde.