1. Frau Dr. Titze-Winter, Sie haben selbst die Ausstellung „PETRA-Morphologie der Steine“ besucht, wie haben Sie die Weißfrauen Diakoniekirche als Ausstellungsraum wahrgenommen?
Beim Betreten des großen Kirchenraumes fiel mir als erstes die besondere Form des Grundrisses auf: Durch den parabelförmigen Aufbau verjüngen sich die Wände zum Altar hin, der dadurch entstehende Sog in den Raum hinein war beinahe körperlich spürbar. Im ersten Moment fand ich es genau richtig, dass eine Vielzahl von Kunstwerken diesen Sog unterbrach. Interessanterweise hatte ich jedoch beim zweiten Hinsehen den Eindruck, dass das Netz der Steinbodenfliesen und die Installation der Steinskulpturen von Birgit Cauer um gegenseitige Aufmerksamkeit ringen.
2. Was gefällt Ihnen besonders an den Arbeiten von Birgit Cauer?
Die Gattung der Bildhauerei ist in der heutigen Zeit ungeheuer vielfältig und doch im klassischen Sinne oftmals sehr traditionell, wenn es um Stein oder Holz als Material geht. Cauers Blick auf das Innenleben eines Steins bei gleichzeitiger Bewahrung des Äußeren war für mich überraschend und überzeugend. Insbesondere, da sie dies durch Experimente wie in einem Labor mit Salzsäure und anderen Chemikalien erarbeitet. Sie versucht, dem Stein seine inneren Zusammenhänge zu entlocken, seinem Seinszustand und seiner Geschichte auf die Spur zu kommen. Ich finde die Interdisziplinarität und den genseitigen Austausch von Wissenschaft und Kunst sehr spannend.
3. Die Kunst- und Kulturförderung der SV SparkassenVersicherung hat die Ausstellung gefördert, was gab den Ausschlag dazu?
Die Kunst- und Kulturförderung der SV SparkassenVersicherung fördert jedes Jahr Projekte und Ausstellungen auch von Künstlern*innen der Bildhauerkunst. Birgit Cauer rief mich an und fragte nach einer Förderung. Da sie in Frankfurt geboren und aufgewachsen ist, hat sie einen Bezug in unser Geschäftsgebiet, das Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg und Teile von Rheinland-Pfalz umfasst. Ihre künstlerische Herangehensweise überzeugte mich, zudem sind die Skulpturen per se beeindruckende Kunstwerke. Mit dem Titel der Ausstellung „PETRA-Morphologie der Steine“ eröffnen sich außerdem mehrere Bedeutungsebenen. Die direkt in den Fels gehauene antike Felsenstadt Petra in Jordanien birgt zahlreiche verborgene Innenräume, die für die Geschichte dieser Region stehen und Religion und Natur umfassen. Der Begriff „Petra“ bedeutet im Altgriechischen ebenso den Stein, den Fels selbst. Auch der Begriff der Morphologie, also die Untersuchung des Steins auf seine Struktur, Form, seinen Aufbau oder seine Besonderheiten hin, führte dazu, die Ausstellung und damit die künstlerische Arbeit von Birgit Cauer zu unterstützen.